Das OLG Dresden hat mit seiner Entscheidung vom 14.01.2020 (4 U 1562/19) neue Tendenzen zum Umgang mit der Zahnarzthaftung aufgezeigt. Diese betreffen das Nachbesserungsrecht des Patienten sowie die Höhe eines eventuell zu zahlenden Schmerzensgeldes.

Der Fall

Die Klägerin hatte bei den beklagten Zahnärzten eine Implantatbehandlung durchführen lassen. Hierbei ging sie davon aus, dass die Implantate 25 und 26 in mesio-distaler Richtung behandlungsfehlerhaft zu eng zueinander eingebracht worden seien. Zudem sei bereits die Implantatlänge nicht korrekt gewesen. Daher seien beide Implantate zu entfernen und an 24 ein neues Implantat zu setzen. Die Forderung der Klägerin bezog sich u.a. auf die Zahlung von Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzflicht für vergangene und zukünftige materielle Schäden.

In erster Instanz hatte das LG die Zahnarzthaftung bejaht, einen Behandlungsfehler im Hinblick auf die eingebrachten Implantate in regio 25 und 26 festgestellt und daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 Euro zugesprochen. Allerdings hatte es die Klage hinsichtlich des Feststellungsbegehrens abgewiesen. Die Klägerin legte daher Berufung zum OLG Dresden ein, in deren Rahmen sie die Zahlung weiteren Schmerzensgeldes, welches einen Betrag von 17.000,00 € nicht unterschreiten sollte, begehrte. Zur Begründung führte sie aus, dass –unabhängig von der Notwendigkeit der Entfernung der Implantate bereits der ursprüngliche Einsatz dieser Implantate bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sei.  

Die Entscheidung

Das OLG Dresden stellt zunächst fest, dass das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht beachtet habe, dass es aufgrund des Behandlungsfehlers auch der Neusetzung eines Implantates in regio 25 bedarf. Daher bejaht der Senat den klägerischen Feststellungsanspruch. Da die neue Implantatversorgung an 25 noch nicht stattgefunden habe, sei auch die Schadensentwicklung insgesamt noch nicht beendet.

Zudem sei –entgegen der Auffassung der Beklagten - der Schadensersatzanspruch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die Behandlung bei den Beklagten abgebrochen und diesen somit keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben habe. Zwar hat der Patient nach der Eingliederung von Zahnersatz zumutbare Nachbesserungsarbeiten hinzunehmen, worunter auch die Neuanfertigung einer Prothese fallen könnte. Jedoch entfällt dieses Recht des Zahnarztes u.a. dann, wenn die Nachbesserung für den Patienten ausnahmsweise unzumutbar ist. Dies sei vorliegend der Fall gewesen, da der Sachverständige die implantologische Leistung der Beklagten als unbrauchbar eingestuft hat. 

Demgegenüber erteilt das Gericht dem weitergehenden Zahlungsbegehren der Klägerin eine Absage. Auch bei Berücksichtigung der erforderlichen Neusetzung eines Implantats in regio 25 sei der erstinstanzlich zuerkannte Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 3.000,00 € angemessen. Zur Bezifferung des Schmerzensgeldes seien lediglich die üblicherweise mit den aufgrund des Behandlungsfehlers erforderlichen Eingriffen - hier die Entfernung der Implantate in regio 25 und 26 sowie Neusetzung der Implantate in regio 24 und 25verbundenen Schmerzen zugrunde zu legen. Für die Ermittlung eines angemessenen Schmerzensgeldbetrages ist nicht noch zusätzlich die ursprüngliche Implantatversorgung maßgeblich. 

Folgen für die Praxis

Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht zwei wesentliche Aspekte, die künftig bei Fragen der Zahnarzthaftung zu beachten sind:

Zwar ist – wie es auch das OLG Dresden in der Vergangenheit bereits mehrfach betont hat – anerkannt, dass Zahnärzten ein Nachbesserungsrecht zusteht. Berücksichtigen Patienten dies nicht, kann dies einem Schadensersatzanspruch entgegen stehen. Gleichwohl besteht – und das zeigt die Entscheidung recht eindrücklich – auch das Risiko, dass ein Nachbesserunsgrecht aufgrund Unzumutbarkeit entfällt.

Oftmals – wie auch in der vorliegenden Entscheidung – zeigt sich jedoch erst während eines laufenden Verfahrens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, ob z.B. eine zahnärztliche Maßnahme als lege artis bzw. eine Nachbesserung als für den Patienten „zumutbar“ eingestuft wird. Bei der Erstellung des Sachverständigengutachtens wird jedoch auch die bisherige Behandlungsdokumentation ausgewertet und auf deren Basis eine Einschätzung getroffen. Daher sollte besonders sorgfältig dokumentiert werden, wenn sich die beim Patienten vorzufindende zahnmedizinische Gesamtsituation als schwierig erweist.

Zudem sollten Zahnärzte auf hohe Schmerzensgeldforderungen nicht ungeprüft eingehen. Teilweise werden dabei Aspekte ins Spiel gebracht, die für die konkrete Bemessung eines eventuellen Schmerzensgeldes keine Rolle spielen.

Bei allen Fragen zur Zahnarzthaftung stehen wir Ihnen gerne zur Seite.

RA Dr. Sebastian Braun