Der vom Arzt zu führende Beweis für ein ausreichendes Aufklärungsgespräch erfordert nicht dessen konkrete Erinnerung. Dies hat das OLG Dresden mit seinem Urteil (Az.: 4 U 1338/20) vom 29. Juni 2021 festgestellt. Stattdessen genüge auch der Nachweis einer „ständigen Übung“, wenn die Angaben des Arztes schlüssig sind und durch die Dokumentation im Wesentlichen bestätigt werden.
Der Fall
Der Kläger wandte sich mit seiner Berufung an das OLG Dresden, nachdem das Landgericht Leipzig mit dem Urteil vom 15.06.2020 (Az.: 7 O 2979/18) seine Klage abgewiesen hatte.
Im Dezember 2011 wurde beim Kläger eine schubförmig auftretende multiple Sklerose diagnostiziert. Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich in der Folgezeit, sodass eine Immunadsorption geplant wurde. Mit dem zuständigen Arzt führte der Kläger ein Aufklärungsgespräch und unterzeichnete den Aufklärungsbogen. Am 28.01.2013 erfolgte dann die stationäre Aufnahme, bei der man einen Shaldon-Katheter über die venu femoralis einführte. Nach dem Eingriff bildete sich auf der linken Seite ein Hämatom, das vom Oberschenkel zur Wade verlief. Aufgrund dessen entwickelte sich ein Aneurysma im Darmbein, welches im Januar 2014 chirurgisch entfernt werden musste. Im Klageverfahren machte der Kläger einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 12.000,00 € geltend. Dabei rügte er u.a. eine mangelhafte Aufklärung. So habe er den Aufklärungsbogen am Krankenbett ungelesen unterzeichnet. Zudem sei auch die Anlage eines Shaldon-Katheters in der Leiste nicht Gegenstand des Aufklärungsgespräches gewesen.
Die Entscheidung
Das OLG Dresden wies die Berufung des Klägers zurück.
Der Senat stellte fest, dass insbesondere die Aufklärung des Klägers in den Eingriff ausreichend gewesen sei. Der Kläger führte mit dem behandelnden Arzt ein Aufklärungsgespräch und unterzeichnete den Aufklärungsbogen. Das sei sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgespräches. Obwohl der Arzt sich nicht mehr an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnern konnte, erläuterte er gegenüber dem Gericht seine übliche Vorgehensweise bei der Aufklärung des Patienten und dessen inhaltliche Gestaltung. Die Darstellung dieser praktizierten „ständigen Übung“ genügte dem Gericht, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass eine wirksame Aufklärung des Patienten stattgefunden hat. Es sei ausreichend, wenn die Darstellung über das erfolgte Aufklärungsgespräch schlüssig ist und die Angaben des Arztes durch die ärztliche Dokumentation im Wesentlichen bestätigt wird.
Praxistipp
Mit seiner Entscheidung erleichtert das Gericht den Nachweis einer wirksamen Aufklärung der Patienten durch die behandelnden Ärzte. Das Urteil zeigt aber auch, dass die ärztliche Dokumentation die entscheidende Voraussetzung ist, um auch eine „ständige Übung“ plausibel darzustellen. Es empfiehlt sich daher, die praxisinterne Dokumentationstechnik einer regelmäßigen Revision zu unterziehen. Hierbei stehen wir Ihnen gerne unterstützend zur Seite.