Die Corona-Pandemie stellt das Recht seit annähernd eineinhalb Jahren vor stets neue Herausforderungen – so auch den Bereich des Arbeitsrechts. Das Arbeitsgericht Cottbus hatte sich in seiner Entscheidung vom 17. Juni 2021 – 11 Ca 10390/20 damit auseinanderzusetzen, ob in der Maskenverweigerung einer Logopädin bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten, ein Kündigungsgrund zu sehen ist.
Der Fall
Die Logopädin und Klägerin war die einzige Angestellte in einer logopädischen Praxis. Nachdem sie sich mehrmals geweigert hatte, bei Therapiestunden mit Patientinnen und Patienten eine Maske zu tragen, kündigte ihr die Arbeitgeberin fristgerecht. Die Klägerin hatte ihrem Arbeitgeber jedoch ein ärztliches Attest vorgelegt, das sie vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreite. Sie war außerdem der Meinung, die Kündigung sei treuwidrig gewesen.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht Cottbus hat entschieden, dass es sich bei der Maskenverweigerung der Klägerin um einen Kündigungsgrund handelt. Es hebt dabei hervor, dass es gar nicht darauf ankommt, ob die die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandarts für logopädische Praxen bezüglich des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes verbindlich sind, weil es nicht zu beanstanden ist, dass die Arbeitgeberin sich diese zu eigen macht und umsetzt. Während einer logopädischen Behandlung ist es insbesondere nicht ohne weiteres möglich, zu jeder Zeit einen Abstand von 1,50m einzuhalten. Da die Behandlung in geschlossenen Räumen stattfindet, sprechen seriöse wissenschaftliche Erkenntnisse dafür, dass lediglich durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung die Eindämmung des Corona-Virus gewährleistet werden kann. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte sogar dazu verpflichtet, das Tragen einer Maske anzuordnen, um sowohl sich selbst, die Klägerin als auch die Patienten und Patientinnen zu schützen.
Die von der Klägerin vorgelegten Atteste waren nicht geeignet, eine Befreiung der Klägerin von der Maskenpflicht zu begründen. Die Angabe, die Klägerin sei aus „gesundheitlichen Gründen“ von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, befreit, genügt nicht, da derjenige, dem das Attest vorgelegt, in die Lage versetzt werden muss, nachvollziehen zu können, aus welchen Gründen gesundheitliche Beeinträchtigungen beim Tragen einer Maske für die betreffende Person zu erwarten sind (siehe auch LG Chemnitz: Anforderungen an ärztliches Attest zur Maskenbefreiung in unserem Blog). Hierbei ist allerdings nicht zu unterschätzen, dass für den Arbeitgeber hohe datenschutzrechtliche Anforderungen bestehen, wenn es um die Verarbeitung von Gesundheitsdaten seiner Arbeitnehmer geht – insbesondere wenn der Arbeitnehmer den Arzt nicht von dessen Schweigepflicht befreit hat und die Mitteilung seiner Diagnose an den Arbeitgeber verweigert.
Parallelentscheidung: Maskenverweigerung als außerordentlicher Kündigungsgrund
Ebenfalls am 17. Juni 2021 – 12 Ca 450/21 hatte das Arbeitsgericht Köln darüber zu entscheiden, ob es sich bei der Weigerung eines Servicetechnikers, eine Maske zu tragen, nachdem er ein Attest vorgelegt hatte (von ihm als „Rotzlappenbefreiung“ bezeichnet), um einen wichtigen Kündigungsgrund handelt, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Da das Attest auch in diesem Fall keine konkreten Gründe beinhaltete, warum dem Arbeitnehmer das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unzumutbar sein soll, weisen beide Fälle Parallelen zueinander auf. Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Kündigung überwiege, insbesondere da es dem Arbeitnehmer nicht gelungen ist, die Gründe für die Maskenbefreiung glaubhaft zu machen.
Praxistipp
Die Entscheidung stellt erneut klar, welche Anforderungen an ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht zu stellen sind. Ein Kündigungsgrund ist daher anzunehmen, wenn der Arbeitgeber nicht nachvollziehen kann, aus welchen gesundheitlichen Gründen sein Arbeitnehmer nicht zum Tragen einer Maske verpflichtet werden kann.
Falls ein Arbeitnehmer sich ohne einschlägiges und den Vorgaben entsprechendes Attest weigert, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, können folglich sowohl eine ordentliche, als auch eine fristlose außerordentliche Kündigung das Mittel der Wahl sein.