Arztbewertungsportale stehen regelmäßig im Blickpunkt der Rechtsprechung. Das OLG München, Urteil vom 19. Januar 2021 – 18 U 7243/10 Pre, beschäftigt sich in einer aktuellen Entscheidung mit dem Problem der unzulässigen Datenverarbeitung auf Arztbewertungsportalen.

Der Fall

Bei dem Kläger handelt es sich um einen praktizierenden Facharzt für Orthopädie. Ohne sein Einverständnis erstellte das Arztbewertungsportal ein Profil mit den Daten des Klägers. Auf der Website wird von jedem Arzt ein „Basic-Profil“ erstellt, das den Namen, die Fachrichtung und Anschrift der Praxis enthält. Zudem besteht für zahlende Kunden (Premium-Pakete) die Möglichkeit, ihr Profil durch ein Portraitbild, eine Leistungsübersicht und weitere Optionen zu optimieren. Der Kläger wendet sich gegen die Nutzung seiner Daten und beabsichtigt die Löschung sowie Unterlassung der Veröffentlichung. Zudem rügt er die versteckten Vorteile, die das Portal den zahlungswilligen Ärzten einräume.

Die Entscheidung

Das Gericht bejaht überwiegend die Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung.

Zunächst stellt es fest, dass in der Veröffentlichung von Ärztebewertungen schon tatbestandlich keine Datenverarbeitung zu „journalistischen Zwecken“ nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO vorliege. Arztbewertungsportale fungieren lediglich als Hilfsdienste zur Verbreitung von Informationen. Hinsichtlich der angegriffenen Gestaltungsformen des Bewertungsportals überwiegen die Grundrechtspositionen des Klägers. Das Arztbewertungsportal verschaffe zahlenden Ärzten verdeckte Werbevorteile und verletze damit ihre Neutralitätspflicht. Durch die Möglichkeit von „Premium-Profilen“, beispielsweise ein Portraitbild oder Leistungsübersichten einzutragen, werde der Eindruck einer fachlich größeren und besonderen Kompetenz des jeweiligen Arztes erweckt. Indem das Portal die Unterschiede in der möglichen Präsentation der Ärzte nicht hinreichend offen lege, ergebe sich ein verzerrtes und irreführendes Bild (Rn.63). Die vereinzelten Änderungen auf dem Portal seien nicht ausreichend, um die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr zu entkräften. Vielmehr sei davon auszugehen, dass das Arztbewertungsportal seine Position als neutraler Informationsvermittler verlassen habe. Nun wird sich der BGH mit der Frage befassen.

Praxistipp

Die Entscheidung erinnert an das Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2018, in dem Arztbewertungsportale an ihre Funktion als neutraler Informationsvermittler erinnert wurden. Wird dies nicht beachtet, bejaht die Rechtsprechung auch einen datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch, da in einem solchen Fall durch das Portal keine berechtigten Interessen im Sinne des Art. 6 I f DSGVO wahrgenommen werden (LG Bonn, Urt. v. 28.03.2019 – 18 O 143/18). Parallel dazu besteht jedoch das Problem der versteckten Bevorzugung durch Werbevorteile. Hier wird sich nun der BGH positionieren müssen, da hierzu bisher keine einheitliche Rechtsprechung existiert.

Bis der BGH die Frage entschieden hat empfiehlt es sich, immer im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzung für eine potenzielle Löschung gegeben sind. Unbenommen bleibt daneben natürlich das Recht des Betroffenen, gegen unzulässige Bewertungen vorzugehen.

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