Das Bundessozialgericht hat mit seiner Entscheidung (Az. B 6 KA 15/20 R) klargestellt, dass Vertragsärztinnen und – ärzte bis zum 18. Geburtstag des eigenen Kindes eine Entlastungsassistenz bzw. Sicherstellungsassistenz einstellen dürfen. Jedoch unterstreicht das Gericht auch, dass bei einer gleichzeitigen Betreuung mehrerer Kinder die Zeiten für jedes Kind auf den gesetzlichen Zeitraum von 36 Monaten anzurechnen sind. Das kann letztendlich dazu führen, dass für das jüngere Kind keine Entlastungsmonate mehr zur Verfügung stehen.
Der Fall
Geklagt hatte eine Frauenärztin, die für die Betreuung ihres 15-jährigen Adoptivsohnes eine Entlastungsassistenz einstellen wollte. Ihre zuständige KV Niedersachsen lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass ihr Sohn über 14 Jahre alt sei.
Zurückzuführen ist der Antrag der Klägerin auf die gesetzliche Regelung des § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV. Danach steht es einem Vertragsarzt zu, einen Assistenten zu beschäftigen, um sich der Erziehung von seinen Kindern zu widmen. Der Anspruch ist dabei auf eine Dauer von 36 Monaten befristet, wobei der Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss.
Die Entscheidung der KV Niedersachen steht sinnbildlich für die differenzierte Verwaltungspraxis der KVen. Danach wurde das Höchstalter für die zu betreuenden Kinder zwischen 14 bis 18 Jahren angesetzt.
Die Entscheidung des BSG
Mit seiner Entscheidung unterstreicht das BSG, dass die in der Zulassungsverordnung vorgesehenen 36 Monate für jedes Kind neu bestehen würden. Als Kind im Sinne der Vorschrift sei dabei „jeder Mensch bis zur Volljährigkeit“ anzusehen. Nach Ansicht des Gerichts enthalte die Verordnung keine konkrete Altersgrenze. Zumal der Gesetzgeber, wenn er es gewollt hätte, eine ausdrückliche Regelung hätte treffen können.
Aus dem Urteil geht des Weiteren hervor, dass die Zeiten, in denen mehrere Kinder erzogen würden, nicht fiktiv nur einem Kind zugerechnet werden könnten. Jedoch seien die Zeiten für jedes betreute Kind auf den möglichen Zeitraum von 36 Monaten anzurechnen. Im Ergebnis führt die Entscheidung des BSG dazu, dass bei parallel betreuten Kindern die Gefahr besteht, dass für das jüngere Kind keine Monate mehr vorhanden sind.
Praxistipp zur Entlastungsassistenz
Das Gericht sorgt mit seiner Entscheidung zwar für mehr Planungssicherheit, indem es die Altersgrenze eines Kindes im Sinne der Regelung des § 32 Abs. 2 Ärzte- ZV festlegt. Jahrelang wurde diese aufgrund der Knappheit der gesetzlichen Regelung unterschiedlich bewertet. Jedoch nimmt es auch eine erhebliche Einschränkung der Entlastungsmöglichkeit vor, indem die Monate, in denen mehrere Kinder gleichzeitig betreut werden, auch auf alle angerechnet werden. Der Versuch des BSG Vertragsärztinnen und -ärzte zu entlasten, scheitert damit teilweise. Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung und die fehlende Flexibilisierung des Gesetzgebers stehen dem- gut gemeinten -Versuch der Entlastung noch entgegen.