Aktuell werden in der Praxis die Anforderungen an ein ärztliches Attest zur Maskenbefreiung diskutiert. Das LG Chemnitz hat diese Anforderungen in einem richtungsweisenden Beschluss vom 12. April 2021 – 4 Qs 108/21 konkretisiert.
Der Fall
In einem Strafverfahren ist der Verteidiger des Angeklagten mit folgendem Hinweis zur Hauptverhandlung geladen worden: „In der Verhandlung besteht aus Infektionsschutzgründen Maskenpflicht. Sie werden aufgefordert eine FFP2-Maske oder OP-Maske mitzubringen und bereits beim Betreten des Gerichtsgebäudes zu tragen. Bei Verstoß wird Anzeige erstattet. Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht wird nur anerkannt, wenn es den Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer entspricht. Das Attest muss im Original vorgelegt werden“. Zum Termin der Hauptverhandlung erschien der Verteidiger ohne jegliche Mund-Nasenbedeckung und weigerte sich, eine solche zu nutzen. Zudem legte er ein ärztliches Dokument vor. Bei diesem handelt es sich um den Vordruck einer ärztlichen Verordnung für Heilmittel, auf der – neben dem Praxisstempel der ausstellenden Ärztin und deren Unterschrift – der bloße Hinweis „Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen“ abgedruckt war.
Das Gericht wies darauf hin, dass dies nicht den Anforderungen an ein ärztliches Attest genüge. Es verwies den Verteidiger des Saales, da dieser das Tragen einer Maske verweigerte. Diese Anordnung wurde in der Folge durch gerichtlichen Beschluss aufrechterhalten. Hiergegen legte der Verteidiger Beschwerde ein. Hierbei trug er vor, dass es für Befreiung von der Maskenpflicht keiner Angabe der Diagnose bedürfe und dies auch nicht in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung gefordert sei. Die Vorgaben der Ärztekammer würden zudem für seine Ärztin nicht gelten, da er Privatversicherter sei.
Die Entscheidung
Das LG Chemnitz verwirft die Beschwerde als unbegründet. Es stellt klar, dass sich aus einem ärztlichen Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht die Art der Erkrankung ergeben muss, die eine solche Befreiung rechtfertigt. Nur ein solches Attest könne das Gericht tatsächlich in die Lage versetzen, die behauptete Ausnahme von der notwendigen Maskenpflicht zu überprüfen. Zudem schließt sich das LG Chemnitz auch der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung an, die sich bisher mit Attesten zur Befreiung von der Maskenpflicht auseinandergesetzt hat. Auch danach muss das Attest die Beeinträchtigung des Betroffenen so wiedergeben, dass die prüfende Behörde die Tatsachen, die zur Befreiung von der Maskenpflicht geführt haben, überprüfen kann.
Praxishinweis
Die Entscheidung lehrt, dass mit der ärztlichen Entscheidung über die Maskenbefreiung sorgsam umzugehen ist. Wenn jedoch die medizinische Indikation vorliegt, muss das Attest zur Maskenbefreiung den vom LG Chemnitz postulierten Anforderungen genügen.
Ärzten ist daher zu empfehlen:
1. Stellen Sie solche Atteste nur dann aus, wenn Sie aufgrund Ihrer ärztlichen Fachkenntnis davon überzeugt sind, dass dem Patienten das Tragen einer Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann.
2. Es ist dabei zu raten, das Attest so ausführlich wie nötig zu formulieren, dass ein medizinischer Laie grob ins Bild gesetzt werden und nachvollziehen kann, aus welchen gesundheitlichen Gründen es dem Patienten unzumutbar ist, eine Maske zu tragen.
3. Allerdings gilt auch, dass das Attest nicht ausgestellt werden darf, wenn die medizinische Indikation überhaupt nicht besteht. Insofern besteht das Risiko der Strafbarkeit gemäß § 278 StGB.
Bei Fragen zu diesem Themenbereich unterstützen wir Sie gerne.
RA Dr. Sebastian Braun