In vielen Bereichen des Berufsrechts für Ärzte sehen wir den Trend zur Liberalisierung. Beim Verbot der Zuweisung gegen Entgelt und der Einschränkung der Empfehlung anderer Dienstleister verfolgen die gesetzliche Regelung und die Ärztekammern mehr denn je die harte Linie.

Wie bereits berichtet, hat der BGH zur Zusammenarbeit zwischen HNO-Ärzten und Hörgeräteakustikerzentren klare Worte gesprochen.  In der gleichen Richtung argumentiert nun das Landesberufsgericht für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen. In einer Entscheidung vom 06.07.2011 (Aktenzeichen 6 t A 1816/09 T) lag dem Gericht folgender Fall vor:

Der Fall: 

Niedergelassene Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie beteiligten sich neben Apothekern an einem Unternehmen, welches Zytostatika herstellte. Der Gewinn der Gesellschaft wurde entsprechend der Geschäftsanteile ausgezahlt.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Verbot der Verweisung an andere Dienstleister und das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt (früher §§ 31 und 34 der Berufsordnung für Ärzte im jeweiligen Bundesland, jetzt verschärft in der neuen Berufsordnung in § 31 Abs. 1 und 2) verlangt, dass Empfehlungen nur auf Nachfrage des Patienten und nur aus medizinischen Gründen erfolgen dürfen. Eine Empfehlung an Unternehmen, an denen der Arzt  beteiligt ist und von dem er für die Zuweisung einen Vorteil z.B. in Form der Gewinnausschüttung erhält, ist berufswidrig.

Pikantes Detail der Entscheidung: Es gab ein anwaltliches Gutachten, dass die Beteiligung berufsrechtskonform ist. Auch hatte die Kammer, der die Konstellation damals beschrieben worden war, keine Bedenken geäußert. Jetzt, nachdem die Ärztekammer auf Grund der verschärften Rechtsprechung ihre Rechtsauffassung geändert hat, kann den Ärzten ausnahmsweise nicht vorgeworfen werden, dass sie sich falsch verhalten haben. Der so genannte Verbotsirrtum verhindert hier eine Bestrafung, weil die Ärzte nicht einfach gehandelt haben, sondern sowohl nach anwaltlicher Hilfe aus auch nach der geäußerten Unbedenklichkeit seitens der Kammer nicht davon ausgehen mussten, Verbotenes zu tun. Sprichwörtlich Rettung in letzter Sekunde.

Praxistipp:

Nehmen Sie diese berufsrechtlichen Verbote nicht auf die leichte Schulter! Die Verlockung, an Überweisungen auch finanziell zu partizipieren ist groß. Eine Vielzahl von Modellen wird versucht, erdacht und gelebt. Das Unrechtsbewusstsein der Beteiligten ist mehr oder weniger vorhanden.

Nach alledem ist damit zu rechnen, dass die Landesärztekammern bei noch so geringen Anhaltspunkten für Eingriffe in die Unabhängigkeit des ärztlichen Handelns rechtliche Schritte unternehmen.

Prüfen Sie Ihre „Geschäftsmodelle“ jetzt bzw. lassen Sie sich beraten, bevor Sie Konstellationen eingehen, die Dritte für in der allgemeinen Wirtschaft (Kick-Back, Bonus, Mengenrabatt etc.) als üblich und zulässig ansehen und die Ihnen als Ärzte auf Grund der strengen berufsrechtlichen Vorgaben auf die Füße fallen.