Das TSVG, also das Terminservice- und Versorgungsgesetz tritt voraussichtlich im Mai 2019 in Kraft. Wie der Name schon sagt, war ursprünglich geplant, Patienten einen leichteren und schnelleren Zugang zu medizinischer Behandlung  zu verschaffen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurden jedoch eine Vielzahl von Gesetzesänderungen im TSVG zusammengefasst, über die wir Sie gerne informieren möchten.

Nicht umgesetzte Vorschläge

Es war im Gespräch, die Bedarfsplanung für bestimmte Arztgruppen (Kinderärzte, Rheumatologen etc.) komplett aufzuheben. Dies sollte solange gelten, bis der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA eine neue Bedarfsplanungsrichtlinie geschaffen hat. Dies wurde ersatzlos verworfen.

Ebenso wurde verworfen, dass die Zulassungsausschüsse beim Wechsel von angestellten Ärzten prüfen können, ob Anstellungsgenehmigungen in Arztpraxen und MVZ nachbesetzt werden dürfen. Dies hätte zu einer hohen Verunsicherung geführt. So hätte etwa eine teuer hinzu erworbene Praxis nicht mehr weiter betrieben werden können, wenn der bisherige Inhaber, der zuletzt als Angestellter beschäftigt wurde, in den Ruhestand geht.

Neuregelungen durch das TSVG

Änderungen im SGB V

Zukünftig dürfen nach § 87b Abs. 2 SGB V anerkannte Praxisnetze MVZ gründen.

Hingegen dürfen nichtärztliche Dialyseeinrichtungen nur noch „fachbezogene MVZ“ gründen. Diese hatten bisher unbeschränkte Gründungsbefugnis für MVZ. Die in solchen MVZ vorhandenen Fachgruppen müssen also einen Fachbezug zu Dialyseleistungen haben. Es bleibt abzuwarten, wie dies im Detail von den Zulassungsausschüssen umgesetzt wird.

Eine weitere Einschränkung gilt für Zahnarzt-MVZ, die von Krankenhäusern getragen werden. Hier soll der Versorgungsanteil beschränkt werden. Die Intention des Gesetzgeber war wohl, z.B. MVZ-Kettenbildungen zu beschränken. So sollen in bestimmten Gebieten nur noch ein gewisser Prozentsatz von MVZ, die von Krankenhäusern getragen werden, zugelassen werden. In überversorgten Planungsbereichen etwa sollen nur 5% der Zahnarzt-MVZ auf diese Weise zugelassen werden. Auch hier bleibt abzuwarten, ob dies der rechtlichen Überprüfung standhält.

Positiv zu bewerten ist eine Änderung bei der Gründereigenschaft für MVZ bei angestellten Ärzten. So kann nun ein bisher angestellter Arzt ohne Einschränkung Gesellschafter des MVZ werden, in dem er tätig ist. Gerade bei der Weitergabe von Anteilen nach Ausscheiden der MVZ-Gründer ist dies zu begrüßen.

Weiterhin neu ist die Möglichkeit, Viertel-Zulassungen nachzubesetzen. Auch hierdurch wird die Flexibilität erhöht.

Durch das TSVG werden die Verjährungsgrenzen für Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Abrechnungsprüfungen verkürzt. Bisher galt hier eine Vier-Jahres-Frist. Neu sind dies nur noch 2 Jahre!

Änderungen in den Zulassungsverordungen

Die Sprechstunden für einen vollen Versorgungsauftrag sollen nach § 19a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV n.F. nun mindestens 25 Stunden pro Woche betragen. Hierzu werden die KVen Kontrollen durchführen. Entsprechende Befugnisse bestanden schon bisher. Auch sind hierzu neue Mechanismen im TSVG enthalten. Sie sollten folglich die neuen Mindestsprechstunden dringend einhalten.

In der Vergangenheit gab es Probleme, wenn eine Praxis in eine größere Struktur eingegliedert wurde. Hierzu musste der Standort als Nebenbetriebsstätte genehmigt werden. Dies war bisher nicht unproblematisch. Nun schreibt § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV n.F. vor, dass die Fortführung eines Praxisstandortes als Zweigstelle einer anderen Praxis oder eines MVZ zwingend zu genehmigen ist. Besonders für Zahnarzt-MVZ ist dies erfreulich, weil dies die Spruchpraxis der Zulassungsausschüsse bisher versagte.

Umbau der Terminservicestellen

Ab Inkrafttreten des TSVG sollen über die Terminservicestellen Termine für alle vertragsärztlichen Leistungserbringer (außer Zahnärzte) vergeben werden. Es soll später auch eine Versorgungssteuerung bei Akutfällen geben. Auch soll eine Terminfindung über spezielle Apps erfolgen können.

Vertragsärzte werden verpflichtet, freie Termine zu melden. Wie genau das erfolgen soll, bleibt abzuwarten. Im Gegenzug erhalten Vertragsärzte Zuschläge bei der Vergütung, wenn Patienten durch die Terminservicestellen vermittelt wurden. Diese Zuschläge werden außerbudgetär und sind zeitlich gestaffelt, je nachdem, wie schnell ein Termin vermittelt werden konnte.

Fazit zu den Neuerungen des TSVG

Wie so oft lief das Gesetzgebungsverfahren in Schüben und kurz vor Fertigstellung wurden noch maßgebliche Änderungen vorgenommen. Es wird sich zeigen, wie sich dies in der Praxis auswirkt und wie etwaige Flüchtigkeitsfehler im Gesetz zu bewerten sind.

Im Großen und Ganzen werden Patienten bei ihren Wunschärzten keine schnelleren Termine bekommen. Denn durch das  TSVG wird es schließlich nicht mehr Ärzte geben. Unter Aufgabe der freien Arztwahl wird die Behandlung dann durch einen, dem Patienten bisher unbekannten Arzt übernommen, was in vielerlei Hinsicht nicht optimal sein kann. Praxen, die schon bisher ihre Patienten gut gesteuert haben, werden sicher wenig Probleme mit den Neuregelungen haben.

Ein paar Details werden sicher zu Verbesserungen führen. Sprechen Sie uns gerne an, damit Sie die neuen Möglichkeiten optimal für Ihre Praxis nutzen können.

Viele Grüße aus Leipzig

Jan Willkomm, Fachanwalt für Medizinrecht

 

 

 

 

Jan Willkomm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht