Das Arztstrafrecht gehört zu den sensibelsten Bereichen des Medizinrechts. Wird dem Arzt ein strafbares Verhalten vorgeworfen, ist dies schließlich aus dreierlei Gründen problematisch:

Zum einen besteht das Risiko der vollständigen Durchführung eines Strafverfahrens, das im schlimmsten Fall in einer Verurteilung endet. Zwar sind dabei überwiegend „lediglich“ Geldstrafen einschlägig. Allerdings sind – je nach Schwere des Delikts – auch Freiheitsstrafen nicht ausgeschlossen.

Zum anderen kann die Erhebung einer Anklage und die Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung einen Image- und Reputationsverlust bedeuten, der sich auch bei einem Freispruch nicht gänzlich revidieren lässt und schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen für den Arzt nach sich ziehen kann.

Weiterhin können sich an strafrechtliche Verurteilungen medizinrechtliche Folgeprobleme anschließen, wie z.B. eine Auseinandersetzung mit der Ärztekammer oder Approbationsbehörde aufgrund eines berufswidrigen bzw. berufsunwürdigen Verhaltens.

Welche Delikte zählen üblicherweise zum Arztstrafrecht?

Während noch vor einigen Jahren das Arztstrafrecht bzw. Medizinstrafrecht ausschließlich mit Fehlern bei der Behandlung des Patienten verbunden wurde, hat sich der Anwendungsbereich dieses Gebietes stetig erweitert und erstreckt sich z.B. auch auf wirtschaftsstrafrechtliche oder werbe- und datenschutzstrafrechtliche Delikte. Vorliegend stellen wir eine nicht abschließende Auswahl vor:

Körperverletzungs- und Tötungsdelikte

Nach der Rechtsprechung des BGH stellt bereits jeder ärztliche Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten eine tatbestandliche Körperverletzung (§ 223 StGB) dar. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die ärztliche Maßnahme lege artis ausgeführt wurde. Entscheidend ist, ob der Patient über die Risiken einer OP oder eines Eingriffes ordnungsgemäß aufgeklärt und eine wirksame Einwilligung erteilt hat. Ist dies nicht der Fall, steht eine Strafbarkeit des Behandlers im Raum.

Doch selbst wenn der Patient ordnungsgemäß eingewilligt hat, können den Arzt im Rahmen der Behandlung, Organisation und Aufklärung Sorgfaltspflichtverletzungen treffen. Hätte z.B. eine andere Behandlungsmethode angewendet werden oder ein bestimmter Eingriff aufgrund des Zustandes des Patienten gänzlich unterbleiben müssen? Im Kontext solcher Fragen steht eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) oder fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) im Raum.

Diese Fragen werden meist in Prozessen zum Arzthaftungsrecht diskutiert. Es kommt jedoch auch vor, dass Patienten zusätzlich den Weg des Strafrechts wählen und Sie als Arzt anzeigen. Dann sind Fragen nach der Rechtmäßigkeit der Behandlung im Arztstrafrecht zu prüfen.

Ebenfalls von Relevanz sind Fragen der Unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB) oder der strafbewehrten Verletzung einer Obhutspflicht in Form der Aussetzung (§ 221 StGB).

Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen

Im ärztlichen Wirtschaftsstrafrecht stellt der Abrechnungsbetrug (§ 263 StGB) das häufigste einschlägige Delikt dar. Klassische Konstellation ist die Abrechnung von nicht erbrachten Leistungen, sog. Luftleistungen. Allerdings werden auch die Fallgestaltungen als Abrechnungsbetrug geahndet und verfolgt, in denen ärztliche Leistungen tatsächlich und auch lege artis erbracht wurden, jedoch formelle Voraussetzungen des Vertragsarzt,- Zulassungs- oder Gebührenrechts nicht eingehalten worden sind.

Eine zweite Säule stellen die Delikte zur Korruption im Gesundheitswesen (§3 299a, b StGB) dar. § 299a StGB stellt die Bestechlichkeit desjenigen unter Strafe, der in Ausübung seines Berufes einen Vorteil dafür annimmt, einfordert oder sich versprechen lässt, dass er bei

  • der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten,
  • dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder
  • der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt. Als Pendant dazu richtet sich § 299b StGB an den Vorteilsgeber.

Schweigepflicht- und Datenschutzstrafrecht

Klassisch im Arztstrafrecht ist der Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 StGB). Danach macht sich der Angehörige eines Heilberufes strafbar, wenn er ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart. Zudem ist durch die Neufassung der Norm im November 2017 mit § 203 IV 2 Nr. 1 StGB ein zusätzliches Risiko für den Berufsgeheimnisträger entstanden. Danach macht sich dieser auch strafbar, wenn er nicht dafür Sorge getragen hat, dass die von ihm in den Praxisalltag einbezogenen sonstigen Dritten, wie z.B. IT-Dienstleister, zur Geheimhaltung verpflichtet worden sind und diese ein ihnen bekannt gewordenes Geheimnis preisgeben.

Im Datenschutzstrafrecht existieren Sondernormen im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wenn wissentlich nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten einer großen Zahl von Personen unbefugt an einen Dritten übermittelt werden. Aber auch unberechtigte Bildaufnahmen von Patienten können nach § 201a StGB strafrechtlich relevant sein.

Strafbare Werbung und Außendarstellung

Zum Tätigkeitsfeld von Akteuren im Gesundheitswesen gehört auch die Wahrnehmung unternehmerischer Aufgaben. Dazu zählt insbesondere die Außendarstellung und Bewerbung des Unternehmens. Sobald Werbemaßnahmen jedoch unwahre Äußerungen enthalten, die für den Rechtsverkehr irreführend sein können und eine Bevorzugung im Wettbewerb abzielen, steht eine strafbare Werbung im Raum (§ 16 UWG). Flankierend kann auch eine Strafbarkeit nach § 14 HWG z.B. dann in Betracht kommen, wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben.

Zur Außendarstellung des Arztes gehört auch der ordnungsgemäße Gebrauch der von ihm erworbenen akademischen Grade und Titel. Werden diese zu Unrecht geführt, kann man sich wegen Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen (§ 132a StGB) strafbar machen.

Ebenso ist das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB) ein nicht zu unterschätzendes Risiko, das in der Praxis häufig bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus Gefälligkeit existiert.

Wie sollten Sie sich als Arzt verhalten?

Sie können auf verschiedenen Wegen davon Kenntnis erlangen, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet worden ist. Der unschönste Weg ist dabei, dass die Polizei oder Staatsanwaltschaft vor der Tür steht und die Praxisräume durchsucht. Oftmals erhalten Sie aber zunächst ein Schreiben der Strafverfolgungsbehörde, in dem der Tatvorwurf eröffnet und Sie zur Vernehmung in der Sache geladen werden.

Allgemein gilt: Als Beschuldigter im Strafverfahren hat man das umfassende Recht zur Sache zu schweigen und einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Ohne anwaltlichen Rat eingeholt zu haben, sollte von diesem Recht immer Gebrauch gemacht werden. Wahrheitsgemäße Angaben müssen nur hinsichtlich der Personalien getätigt werden.

Es ist dringend zu empfehlen, sich zum Tatvorwurf nur nach erfolgter Einsicht in die Ermittlungsakte zu äußern. Auch dies ist zwingend mit einem Rechtsanwalt abzustimmen.

Was können wir für Sie tun?

Sobald wir im Rahmen der Strafverteidigung eines Beschuldigten tätig werden, ist es unser primäres Ziel, eine öffentliche Hauptverhandlung zu vermeiden. Hierfür existieren verschiedene Wege, die von einer Einstellung des Verfahrens bis zum Aushandeln eines Strafbefehls reichen können.

Wir übernehmen sämtliche Korrespondenz mit den Strafverfolgungsbehörden und nehmen Akteneinsicht in die Ermittlungsakte. Gemeinsam mit dem Beschuldigten erarbeiten wir eine Verteidigungsstrategie und fertigen, sofern es erforderlich ist, eine umfassende Stellungnahme an.

Werden Sie als Zeuge geladen, prüfen wir die Ihnen zustehenden Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte.

Sollten sich an das Strafverfahren Auseinandersetzungen mit dem Zulassungsausschuss, der Approbationsbehörde oder der Ärztekammer anschließen, nehmen wir auch an dieser Stelle Ihre Rechte wahr.

RA Dt. Braun ist regelmäßig als Strafverteidiger in Verfahren im Medizinstrafrecht und Arztstrafrecht tätig. Wir sind vom Kanzleistandort in Leipzig aus bundesweit tätig. Selbstverständlich sind wir auch im Bereich des Medizin- und Arztstrafrechts im Rahmen von Vorträgen und Veröffentlichungen aktiv. Eine Auswahl finden Sie im Publikationsverzeichnis von Dr. Sebastian Braun.

Für den Fall, dass Sie unsere Unterstützung benötigen, nehmen Sie gerne zu uns Kontakt auf.

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