Gestern, am 01.12.2010, hat der Bundesgerichtshof (Az: I ZR 55/08) die Klage gegen die Betreiber der Internetseite 2te Zahnarztmeinung abgewiesen.

Laut Presseberichten ging es in dem Verfahren um die Frage, ob auf der Seite 2te-zahnarztmeinung.de Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einstellen und durch andere Zahnärzte bewerten lassen dürfen. Die auf der Plattform vertretenen Zahnärzte geben zum konkreten Fall eine eigene Kostenschätzung ab. Dem Patienten werden die 5 günstigsten Angebote mitgeteilt. Entscheidet sich der Patient dann für eines dieser Angebote, zahlt der entsprechende Zahnarzt 20 Prozent seines Honorars an den Betreiber der Internetplattform.

Das Urteil liegt im Volltext noch nicht vor. Sobald dies der Fall ist, werde ich mich ausführlich zu den Inhalten äußern.

Bereits jetzt kritisiert die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns die Entscheidung. KZVB-Chef Dr. Janusz Rat spricht von einem „schwarzen Tag für die Patienten“ und dass „ein Therapievorschlag ohne vorherige gründliche Untersuchung und Diagnose ist mit der Ethik des Zahnarztberufes nicht vereinbar“ sei.

Nach Aussage des BGH sei es generell zulässig, dass Verbraucher und Patienten Preis- und Behandlungsangebote bei verschiedenen Zahnärzten einholen und sich danach für einen Zahnarztwechsel entscheiden. Die Internetplattform tue nichts weiter, als den Patienten ein solches Vorgehen zu erleichtern.

Eine weitere Meinung zu Thema finden Sie hier.

Vorabbewertung:

Sonst bin ich immer ein Befürworter der Liberalisierung in der Patienteninformation und -versorgung. Diese Entscheidung bedauere ich aber aus folgenden Gründen:

Medizinische Leistungen sind aus meiner Sicht nicht mit einem Fernsehgerät, einem Auto oder anderen Produkten vergleichbar. Es handelt sich nicht um ein Angebot eines austauschbaren Anbieters, das eben hier oder da billiger ist. Es gibt den Arzt oder Zahnarzt, der sich bewusst an preisbewusste Patienten richtet und deshalb mit dem Preis wirbt (sofern dies von den jeweiligen Kammern und KZVen für zulässig gehalten wird). Wieder anderen ist es wichtig, dass ihre Leistung fachlich hochwertig und vor allem langlebig ist. Eine solche Leistung kann nun gerade nicht zu jedem beliebigen Preis angeboten werden. Um mit den Vergleichen in der Automobilindustrie zu bleiben, bekomme ich eben die Qualität eines Audi, BMW oder Mercedes eben nicht zum Preis eines Dacia, Hyundai etc. Dies verkennen Patienten allzu oft!

Wie können Sie sich als Arzt oder Zahnarzt hiergegen wehren?

Zunächst müssen wir alle wohl oder übel damit leben, wenn das höchste deutsche Zivilgericht diese Feststellung getroffen hat. In der eigenen Vorgehensweise ist jedoch, sofern noch nicht erfolgt, ein Umdenken notwendig. Hochwertige Leistungen sollten aus meiner Sicht hochwertig präsentiert werden. Maßnahmen zur Patientenbindung und -zufriedenheit sind mehr denn je erforderlich. Sofern Ihre Patienten Ihren Angeboten vertrauen und denen erklärt wird, warum Sie diesen und keinen anderen Preis vorschlagen, werden Sie auch weiterhin Erfolg haben. Zweifelt der Patient daran und fängt er an, Vergleiche zu suchen ist er so gut wie weg.

Versuchen Sie, über den Tellerrand zu schauen, um zu sehen, wie andere das machen. Befördert ein Firstclass-Flug einen nicht genauso von A nach B wie die Holzklasse? Was bewegt einen dazu, trotzdem den Mehrpreis zu zahlen? Lassen Sie und die Angebots- und Handlungsalternativen diskutieren, statt über diese Entscheidung zu schimpfen.

4 thoughts on “BGH: 2te-Zahnarztmeinung.de darf Preisvergleich weiter anbieten.

  1. Sehr geehrter Herr Willkomm,
    Danke für Ihre Einschätzung, der ich nach fast fünfjähriger Erfahrung mit über 50.000 vermittelten Patienten NICHT bestätigen kann. Ich bin einer der Gründer und aktuell wieder Geschäftsführer der Websiten http://www.medikompass.de und http://www.zahngebot.de. Wir haben umfangreichen Analysen zu dem Thema „Qualität“ der Behandlung durchgeführt und es ist nicht so, wie von Ihnen beschrieben, dass die Qualität mit niedrigeren Preisen schlechter wird – zum Teil ist es sogar umgekehrt. Die bei uns aktiven Zahnärzte achten sehr auf die Qualität, denn Sie wissen, dass bei einer qualitativ schlechten Behandlung dies im Anschluss in der Bewertung sichtbar wird. Bei mehrere schlechten Bewertungen hilft kein noch so günstiges Angebot mehr – es wird sich kein Patient für Ihn/Sie entscheiden. Viele, gerade jüngere Ärzte und Zahnärzte denken einfach unternehmerisch (gerade wenn Sie z.B. vor kurzem eine Praxis übernommen haben) und behandeln eben Abends noch etwas länger und auch für einen rechnerisch niedrigeren Stundenlohn. Den gleichen Effekt kann man bei den Laboren sehen, gerade wenn es Eigenlabore der Zahnärzte sind. Um auf Ihren Vergleich aus der Automobilindustrie zurück zu kommen: Sie zahlen für einen VW deutlich mehr als für einen Skoda – die Fahrzeuge sind aber aus dem gleichen Konzern und zu großen Teilen baugleich. Wenn Sie sich die Pannenstatisktiken anschauen, werden Sie keine Unterschiede zwischen VW und Skoda finden…
    MfG
    Claudius Schikora

  2. Sehr geehrter Herr Dr. Dr. Schikora,

    vielen Dank für Ihren Kommentar.

    Einig sind wir uns sicher darin, dass auf Grund steigender Transparenz Ärzte und Zahnärzte mehr als früher gehalten sind, wirtschaftlich zu denken und zu handeln. Dass hierbei die Qualität nicht auf der Strecke bleiben sollte, dürfte ebenfalls klar sein.

    Ich bleibe jedoch bei meiner Einschätzung, dass gerade im medizinischen Bereich eine Vergleichbarkeit nicht voll umfänglich hergestellt werden kann. Der Behandler hat meist einen genauen Überblick über die konkrete Situation, die ein anderer Kollege allein anhand des Heil- und Kostenplans sich nicht verschaffen kann.

    Qualität hin oder her. Der Patient kann nicht einschätzen, ob ein Zahnarzt oder Arzt „gut“ ist. Er kann bewerten, ob er sich wohl fühlt, das Personal nett ist und die Praxis einen hygienischen Eindruck erweckt, nicht mehr und nicht weniger. Allein preisbewusste Praxen müssen schon aus wirtschaftlichen Erwägungen irgendwelche Einsparpotentiale ausschöpfen, die nicht immer im Patienteninteresse sein müssen. Eine reine Preisdiskussion halte ich deshalb für gefährlich.

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