In letzter Zeit tauchen in der Presse wiederholt Konzeptvorschläge auf, die es Ärzten erlauben sollen, Onlinesprechstunden abzuhalten. Sinn und Zweck soll die Erleichtung der Arztkonsultation für immobile Patienten und die Betreuung chronisch Kranker sein. Die Idee wird oftmals aber zu einfach und der Anwendungsbereich zu weit dargestellt, da in zahlreichen Fällen durchaus Risiken für den Arzt entstehen können.
Die Variante der Online-Sprechstunde als Ersatz für die persönliche Konsultation halte ich jedoch unter Verweis auf die Musterberufsordnung für Ärzte für unzulässig. Dort ist in § 7 Abs. 3 folgendes geregelt:
„Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, weder ausschließlich brieflich noch in Zeitungen oder Zeitschriften noch ausschließlich über Kommunikationsmedien oder Computerkommunikationsnetze durchführen.“
Nun kann man sich natürlich trefflich streiten, was eine ausschließliche Behandlung über Computerkommunikationsnetze ist, aber das schöne Beispiel, dass eine Patientin statt zu Arzt eben ins Internet geht, funktioniert meines Erachtens nicht. Über ein entsprechendes Zusatzangebot kann man sicher nachdenken, aber einen Ersatz für das persönliche Gespräch ist nicht erreichbar.
Hintergrund der Regelung ist, dass das vertrauliche Arzt-Patienten-Gespräch Grundlage der Diagnose und Therapie sein sollte, weil eben ein solches Gespräch UND die dabei vorgenommene körperliche Untersuchung für die ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlich sind, da nur diese persönliche Untersuchung eine Gewichtung der Schilderungen des Patienten ermöglicht.
Zudem gibt es zahlreiche Gerichtsurteile im Haftungsrecht, in denen der Arzt jeweils zum Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt wurde, weil er lediglich telefonisch Ratschläge für die vom Patienten geschilderten Symptome erteilt hat. Die fehlende körperliche Untersuchung führte dazu, dass bestimmte Aspekte nicht festgestellt werden konnten und insoweit eine Falschbehandlung erfolgte.
Aus den genannten Gründen kann ich Ärzten auf Basis der aktuellen Rechtslage nur von solchen Modellen abraten, so sinnvoll sie sein mögen. Im Einzelfall sollte im Vorfeld genau geprüft werdne, ob die beabsichtigte Vorgehensweise zulässig und rechtssicher ist, um Risiken zu vermeiden.