Immer wieder kommt die Frage auf, wie Ärzte auf den zunehmenden Wettbewerb reagieren können. Oftmals wird vorschnell die Idee entwickelt, erwünschte Patienten durch Lockangebote in die Praxen zu bekommen. Das dies gefährlich sein kann, zeigt die aktuelle Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 07.09.2010 (103 O 80/10).
Der Fall:
Ein Berufsverband von Dermatologen bewarb auf seiner Internetseite eine europaweite Aufklärungskampagne zur Hautkrebsvorsorge. Die Seite war so gestaltet, dass einzelne Mitglieder Angebote der eigenen Praxis einstellen konnten. Ein Arzt bot hier nun an, Patienten zu einem bestimmten Datum kostenlos auf Hautkrebs zu untersuchen, zum Zwecke der Vorsorge zu beraten und die gewonnenen Daten kostenlos im Computer zu dokumentieren, wenn es sich um auffällige Befunde handelte.
Die hiergegen gerichtete Abmahnung von Berufskollegen ist Gegenstand des Klageverfahrens.
Die Entscheidung:
Das Landgericht Berlin wies die Klage ab und erklärte die in der Abmahnung enthaltene Unterlassungsaufforderung für rechtmäßig.
Der Arzt hatte sich im Verfahren damit verteidigt, dass er davon ausgehe, dass das Angebot eines kostenlosen Hautkrebs-Screenings nicht unzulässig sei. Die Berufsordnung sei nicht anwendbar, weil ein Patientenvertrag nicht zustande komme. Jedenfalls werde die Gebührenordnung (GOÄ) nicht unlauter unterschritten, weil ein auf einen Tag und wenige Stunden beschränktes Angebot im Rahmen einer europaweit ausgeschriebenen Kampagne zulässig sein müsse.
Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht.
Ein Patient, der sich in eine ärztliche Praxis begibt, um dort eine als kostenlos bezeichnete Vorsorgeuntersuchung machen zu lassen, will nicht nur eine unverbindliche Meinung hören, sondern erwartet eine ärztliche Diagnose nach allen Regeln der ärztlichen Kunst. Weil so ein Patientenvertrag zustande kommt, ist der Arzt nach § 12 der ärztlichen Berufsordnung verpflichtet, seine Leistungen nach Maßgabe der GOÄ abzurechnen. Das Angebot einer „kostenlosen Vorsorgeuntersuchung“ ist daher auch dann im Sinne von §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG unlauter, wenn es von Berufsverbänden im Rahmen einer europaweiten Aufklärungskampagne ausdrücklich unterstützt und gefördert wird.
Die Berufsordnung schreibt vor, dass ärztliche Leistungen stets nach der GOÄ vergütet werden müssen. Eine Unterschreitung der Gebühren oder das Angebot kostenloser Behandlungen verstößt damit gegen das ärztliche Berufsrecht und ist überdies wettbewerbswidrig. Die hierin liegende Aufforderung an die Patienten, den Arzt nicht nach Qualitäts- sondern ausschließlich nach Preiskriterien auszusuchen ist unlauter.
Praxistipp:
Seien Sie kreativer! Es gibt zahlreiche Möglichkeiten der Patientengewinnung, ohne sich allein auf das Preisargument zu konzentrieren. Oftmals wird dies auch von den Patienten gar nicht gewollt, so dass die Entwicklung anderer Wege aussichtsreicher ist.