Ist das der Richtungswechsel in der deutschen Streitkultur? Der Deutsche Bundestag hat heute das so genannte Mediationsgesetz (Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung) beschlossen. Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber selbst mehr denn je die Konfliktkultur von der streitigen Auseinandersetzung hin zu konsensualen Lösungen entwickeln will.

Seit Jahren verfolge ich die Entwicklung der Mediation in Deutschland. Ich selbst habe mich zum Mediator ausbilden lassen, weil ich überzeugt davon bin, dass eine einvernehmliche Lösung in vielen Fällen sinnvoll ist. Die Realität sah bisher meist anders aus. Verhandeln war nicht selten ein Zeichen der Schwäche. Die Familienmediation hat sich recht ordentlich entwickelt, in anderen Lebensbereichen hatten solche Verfahren bisher kaum eine Chance der Akzeptanz.

In Amerika und vielen anderen Regionen der Welt ist Mediation ein viel verwendetes Verfahren. Als Begründung wird oftmals die Schwäche des gerichtlichen Systems angeführt. Meiner Meinung nach hat die Verbreitung solcher Verfahren aber etwas mit persönlicher Haltung, Selbstverantwortung für den eigenen Konflikt zu tun. Hieran fehlte es in Deutschland. Es ist doch zu bequem die Führung von Prozessen zu delegieren, anstatt selbst an einer Lösung mitzuwirken.

Es wird sich zeigen, ob allein die gesetzliche Vorgabe etwas an der Haltung des Einzelnen zu ändern vermag. Ich bin gespannt und hoffe, dass wir in einigen Jahren mit Freude auf diesen Tag zurückschauen und uns fragen, warum es erst einer europäischen Richtlinie bedurfte, damit die Änderung der Streitkultur durch diese gesetzliche Regelung eine Unterstützung erhält.

Auch im Gesundheitsmarkt gibt es zahlreiche Stellen, an denen eine Befriedung eintreten würde, wenn Mediation sich etabliert. Lassen Sie uns gemeinsam hieran arbeiten.

2 thoughts on “Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung.

  1. Die gesetzliche Vorgabe entpuppt sich als eine reine Formalie (http://portal.bayern.liberale.de/Justizministerin-will-Gerichte-entlasten-und-mehr-Mediation/6080c7829i1p32/index.html).

    Mit anderen Worten, in der Klageschrift wird lediglich ein Absatz gefordert, in dem erkärt wird, ob eine Mediation stattgefunden hat und wenn nein, warum sie nicht stattgefunden hat.

    Man hat es leider verpasst, vor einem Gerichtsverfahren eine Mediation ZWINGEND vorzuschreiben. So werden Familienstreitigkeiten in Norwegen behandelt (also außerhalb der EU).

    Daher wir leider alles beim Alten bleiben. Die „Anwaltsproletarier“ (http://tinyurl.com/389u2m2) werden weiterhin mit aller Macht Verfahren vors Gericht bringen.

    Machen wir uns doch nichts vor: Die Anwaltschaft „bewahrt“ doch die Menschen davor, zu begreifen, was mit ihnen vor Gericht passiert (durch das Rechtsberatungsgesetz) um höhere Gebühren vor Gericht zu kassieren (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz). Diese ewige Jagdgründe werden die sich doch nicht vermiesen lassen.

    Wenn man die Streitsucht der Bürger kritisiert, dann sollte man sich vor Augen halten, dass
    a) die Formulierung in einer Klageschrift „der Kläger beantragt …“ nicht vom Recht-Suchenden selber stammt, sondern vielfach von einem Anwalt, denn
    b) wir haben in sehr viele Verfahren Anwaltspflicht.

    Mit andern Worten, die „Streit(un)kultur“ wurde uns aufs Auge gedrückt.

    Selbst wenn Sie nicht vor Gericht streiten wollen, so wird der Anwalt der Gegenseite dafür sorgen, dass Sie vors Gericht gezerrt werden.

    Und noch etwas: § 226, BGB, Schikaneverbot, bietet bereits eine Handhabe die vielfach unnötigen Prozesse zu vermeiden. Dreimal dürfen Sie raten, warum die Richter diesen Paragrafen elegant „vergessen“.

    Da das Gesetz auch die gerichtsnahe bzw. -interne Mediation zulässt, werden sowieso viele der Verfahren weiterhin vors Gericht landen, denn nur dort verdienen die Anwälte richtig Kohle.

    Summa summarum, ist das Mediationsgesetz eine Mogelpackung, die keinerlei Verbesserungen bringen wird. Sobald ein Anwalt ins Spiel kommt, wird er alles Erdenkliche tun, um die Mediation scheitern zu lassen.

  2. Sehr geehrter Herr Baleanu,

    ich gebe Ihnen recht, das Gesetz ist nicht weitreichend genug. So werden etwa keine Mindeststandards für die Ausbildung festgelegt etc. Und ganz grundlegend ändern wird sich auch nichts, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

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